Essen im Konfi 3 – Ein Erfahrungsbericht

Ein Vorgeschmack des Himmels

Vier Jahre lang gehörte das gemeinschaftliche Essen zur Konfi-3-Konzeption in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde in Ostfildern. Dabei wurden auf einfache Weise zentrale Inhalte des Konfi 3 vermittelt. Wie es dazu kam, ist einen Bericht wert.

Von Ulrich Enderle

(Bild: Enderle)

Man hatte uns in den Saal des Landgasthauses gesetzt. Eine Gruppe Erwachsener machte Station bei ihrer Wanderung über die Schwäbische Alb. Wir waren froh, ein Gasthaus gefunden zu haben. Im selben Raum war eine große Tafel gedeckt. Es dauerte nicht lange, bis eine fröhliche Kinderschar hereinspazierte. Einer aus unserer Runde kannte die örtlichen Verhältnisse: „Das ist der Kindergarten des Dorfes: Sie kommen zweimal die Woche ins Lamm zum Essen.“ Die begleitenden Erzieherinnen schienen ihr Geschäft zu verstehen. Geordnet und ohne viel Aufsehen nahmen die Kinder Platz. Der Tischritus durfte nicht fehlen. Erwartungsvoll schauten die Kinderaugen auf die dampfenden Schüsseln, die vom Kellner gebracht wurden. Das Essen wurde aufgeteilt und in fröhlicher Eintracht verspeist: Spaghetti mit Soße. Die Kinder zelebrierten die Mahlzeit. Bis alle gegessen hatten, blieben alle Kinder sitzen.

Am Erwachsenentisch schien diese Begegnung mit den Kindern eine Art wundersame Beglückung hervorzurufen: „Wie schön ist das denn, Kinder in solcher Eintracht beim Essen zu erleben, die sich ohne Gemaule an den Speisen freuen.“ Solche Sätze waren in der Runde zu hören. Im Stillen sagte ich mir: Was für ein unverschämtes Glück für diese Kinder dort auf dem Lande, dass sie zweimal die Woche ein solches Fest feiern können.

Gemeinsam an einem Tisch, in der Bibel wird uns so der Himmel beschrieben. Christen erinnern sich auch daran, wenn sie miteinander Abendmahl feiern. Essen in Gemeinschaft kann Wunder bewirken, jedes Geschäftsessen baut auf diese Hoffnung.

Konfi 3 mit Mittagessen

Mit meinem Aufzug als Pfarrer in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde startete Konfi 3 nach dreijähriger Pause neu. Eine Mutter mit Kindern im Konfi-3-Alter bot sich zur Mithilfe an. Zu zweit projektierten wir einen Neustart. Damals war die Nachfrage nach Konfi 3 groß. Beim Einführungselternabend gesellten sich weitere Eltern zum Team dazu. Dass wir in Konfi 3 ein gemeinsames Mittagessen eingeführt haben, war ursprünglich mehr einer Verlegenheit geschuldet als konkreter Plan. Wir fanden einfach keinen anderen geeigneten Zeitraum als freitags über die Mittagszeit nach der Schule. Wir wussten: Die Kinder kommen an, sind erschöpft, brauchen Pause und haben Hunger. Erschwerend kam noch hinzu, dass die Kinder aus zweierlei Schulen kamen. So hatten sie zu unterschiedlichen Zeiten Schulschluss. Für diejenigen, die früher kamen, bedeutete es, in der Mittagszeit zwei Stunden zu überbrücken. Wir stellten uns auf „Kernzeitbetreuung“ ein. Gemeinsame Spiele auf dem Hof, Hausaufgaben erledigen und dann das gemeinsame Essen standen auf dem Programm. Erklärend sei hier bemerkt, dass Konfi 3 sich schon Jahre zuvor von den Tischgruppen in den Familien ins Gemeindehaus verlagert hatte. Für die Spielephase setzten wir Konfis im Gemeindepraktikum und Trainees ein. Sie übernahmen die Aufgabe gerne und zu unserem Erstaunen hatten sie auch genau diesen Zeitkorridor zur Verfügung.

„Es spielt keine Rolle, ob ich für meine Familie koche oder für die Gruppe“

Die Lösung organisatorischer Fragen rund ums Essen blieb allerdings zunächst die Herausforderung. Eben diese Verlegenheit teilten wir mit den Eltern am Vorbereitungsabend. Die Bereitschaft war groß, sich beim Essen zu engagieren. „Das spielt dann für mich auch keine Rolle mehr, ob ich in der Zeit zu Hause für die Familie koche oder für die ganze Gruppe. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Geschwisterkinder mit dabei sein dürfen“, brachte es eine Mutter auf den Punkt. Für die Eltern, die sich nicht zutrauten, mit Kindern religiöse Inhalte zu teilen, war Kochen die Möglichkeit, sich trotzdem helfend ins Geschehen einzumischen. Eine weitere Erfahrung war: Fast immer blieben Kocheltern bis zum Schluss des Nachmittags dabei.

Tischgemeinschaft – Lerngemeinschaft

Gegessen haben wir immer an einer Tafel. Auch bei größeren Gruppen von über zwanzig Kindern funktionierte das. Die Gruppe findet beim Essen zusammen.

Kinder aus unterschiedlichen Haushalten bringen sehr verschiedene Essgewohnheiten mit. Äußere Formen wie „wir fangen gemeinsam an und hören gemeinsam auf“ wollen gelernt sein. Es ging dann konkret um Regeln wie: Ich greife nicht in den Bereich meines Nachbarn; ich halte mich mit Essgeräuschen zurück; mit Essen wird nicht herumgespielt. An einer Tafel lassen sich diese Dinge leichter und besser korrigieren als in kleinen Tischgruppen. Nicht zu unterschätzen ist das Korrektiv, das die Kinder einander zuteilwerden lassen. In manchen Gruppen entstanden dann auch besondere Bräuche wie das Erzählen des „Tischwitzes“.

Essen lässt sich an der Tafel zelebrieren, angefangen bei den Riten bis hin zur gemeinsamen Wertschätzung des Essens. Leitende in der Gruppe tun gut daran, das Essen zu präsentieren und nicht nur kommentarlos auf den Teller zu geben. Dabei werden die kochenden Eltern geehrt und zugleich Freude auf das Essen transportiert. Das Gefühl macht sich breit, man sitzt an einer Festtafel. Nicht selten erlebten wir, dass kochende Eltern von sich aus auch für einen Tischschmuck sorgten.

Essen und die zentralen Inhalte von Konfi 3

Eine Festtafel ist zugleich auch Basis für eines der großen Ziele von Konfi 3: die Feier des Abendmahls. An einer Tafel lässt sich der Vorgeschmack auf den Himmel, den wir ja in jedes Abendmahl einschließen, elementar feiern. Ganz einfache Mittel wie ein Tischtuch, Abendmahlsgeschirr und ein festliches Gedeck unterstreichen diesen Gedanken. Essen und sakramentales Mahl fanden am gleichen Tisch statt. Die bekannte Praxis, im Vorfeld gemeinsam Brot zu backen, hatte auch bei diesem Treffen seinen Ort.

In den Jahren 2014–17 hatten wir das große Glück, eine jüdische Mutter in den Reihen der Eltern zu haben. Einmal im jährlichen Konfi-3-Zyklus erklärte sie sich bereit, mit den Kindern Pessach zu feiern. Sederteller, goldene Leuchter, Kelche und Tischdecken machten das Treffen zu einem besonderen Ereignis. Eindrücklich für die Kinder: Die Mutter sprach den Eingang der Liturgie auf Hebräisch. Zentrale Botschaft war: Das Glaubensbekenntnis der Juden zu einem Gott, der in die Freiheit führt, wurzelt in diesem Mahl.

Der Benefit

Unerwartet hat Essen im Konfi 3 für eine ganz eigene Dynamik gesorgt. Zentrale Inhalte des Konfi 3 lassen sich mithilfe gemeinschaftlichen Essens auf einfache Weise elementarisieren. Dass Essen mit Kindern noch viele andere Vorzüge hat, die sich positiv auf deren Entwicklung auswirken können, liegt auf der Hand: Gesunde und nachhaltige Essgewohnheiten werden gefördert und die Kinder lernen beim gemeinsamen Essen wichtige soziale Fähigkeiten wie Tischmanieren, Kommunikation und das Teilen. Diese fördern die soziale Entwicklung und das Verständnis für die Bedürfnisse anderer. Die Sprachentwicklung und Selbstständigkeit der Kinder gehören ebenfalls dazu.

Was ich mir im Stillen beim Besuch des Landgasthofes sagte, unterstreiche ich für die geschilderte Konfi-3-Erfahrung: „Was für ein unverschämtes Glück für diese Kinder, dass sie einmal die Woche ein solches Fest feiern konnten!“ Heute bin ich nicht mehr Pfarrer in dieser Gemeinde und Konfi 3 hat sich anders weiterentwickelt. Meine Erfahrung mit Konfi-3-Kindern möchte ich nicht missen.