Die vorliegende Einheit ist als zwei Bausteine à 90 Minuten für zwei Nachmittage konzipiert. Da diese Zeit für die vorgestellten Inhalte knapp bemessen ist, kann man evtl. einige Schritte weglassen. Beide Bausteine zusammen können auch einem Konfi-Samstag durchgeführt werden. Der Entwurf wurde von zwei „Kirchenbezirksbeauftragten für Flucht und Migration“ erarbeitet, die mit diesen Bausteinen Konfigruppen besuchten und sie selbst durchführten. Sie sind mehrfach erprobt, zusammen mit den Haupt- und Ehrenamtlichen der Gemeinden. Es ist auch möglich, einzelne Schritte aus den Bausteinen herauszulösen und sie einzeln in anderem Zusammenhang einzusetzen.
Benötigtes Material
für 1. Schritt:
für Alternative zum 1. Schritt:
für 2. Schritt:
für 3. + 4. Schritt:
für 5. Schritt:
Alle Material-Downloads sind am Ende dieses Beitrags zu finden.
Ihr habt auf eurem Stuhl eine Karte mit acht Feldern und einen Stift. Die Karten macht ihr jetzt gleich zu euren persönlichen Identitätskarten, die zeigen werden, was alles zu eurer eigenen Persönlichkeit gehört.
Schreibe zunächst deinen Namen quer möglichst über die ganze leere Karte.
Dreh die Karte dann um und beschrifte die acht Kästchen mit acht wichtigen Dingen, die unbedingt zu deiner Identität gehören, also dich als Person ausmachen. Ich sage dir gleich die Überschriften, zu denen du die Begriffe hineinschreiben sollst. Es ist egal, welches Kästchen du jeweils nimmst.
Schreibe jede Antwort einzeln in ein Kästchen!
1. Zwei Fähigkeiten, die du hast
2. zwei Werte (z. B. Leistung, Ehrlichkeit, …) oder Zustände (z. B. Frieden), die für dich absolut wichtig sind
3. zwei Menschen (aber keine Familienmitglieder!), die für dich extrem wichtig sind
4. zwei für dich absolut wichtige Tätigkeiten oder Projekte, an denen du derzeit (mit)arbeitest
(Alternativ zu 4.: zwei Gegenstände (keine elektronischen Geräte!), die für dich eine große Bedeutung haben und die du nicht missen möchtest)
Die Konfis beschriften in Stillarbeit die Identitätskarte.
Du wirst nun eine Geschichte hören. Zwischen einzelnen Abschnitten werde ich dich auffordern, etwas zu tun. Was genau, hörst du dann.
Die Geschichte von M1 wird zügig gelesen. Die Konfis sollen nur wenig Zeit haben, um zu entscheiden, welches Kästchen ihrer Identitätskarte sie abreißen.
Kurzinfo zu M1
Die Geschichte erzählt, dass die Menschen in einem fiktiven Land aufgrund einer zu erwartenden Naturkatastrophe dieses Land verlassen müssen. Von einem anderen Land werden die Flüchtlinge aufgenommen. Die Konfis versetzen sich in die Lage der Geflüchteten. Für jeden Schritt, den die Konfis hin zur Integration machen, müssen sie ein Stück ihrer Identität aufgeben (das heißt in der Übung: ein oder mehrere Kästchen der Identitätskarte abreißen). Es geht um die Ankunft, den Job/die Beschäftigung, die Sprache, eine Wohnung und im letzten Schritt um „alles oder nichts“.
Die Frage, die dahinter steht: Was gibt man auf, wenn man sich integrieren möchte? Wie verändert man sich? Gibt man sich selbst auf?
Kommt aus eurer Rolle. Steht kurz auf, streckt euch. Schüttelt eure Rolle ab.
Und jetzt tauscht euch kurz mit eurem Nachbarn/eurer Nachbarin aus zu den drei Fragen, die ihr auch auf den Fußboden gelegt bekommt (M2):
1. Wie hast du dich in den verschiedenen Phasen gefühlt?
2. Musstest du in deinem wirklichen Leben schon mal ähnliche Erfahrungen machen?
3. Was nimmst du von dieser Übung mit? Welches Gefühl? Welchen Gedanken?
Diese alternative Übung kann in kürzerer Zeit durchgeführt werden. Außerdem ist die Aufgabenstellung weniger anspruchsvoll. Sie ist somit niederschwellig. Zudem kommt die Gruppe ins Gespräch miteinander.
Arbeitsauftrag:
Stell dir vor, du musst heute Abend unseren Ort (unser Land) verlassen. Der Grund ist eine bevorstehende Katastrophe, durch die das Leben hier unmöglich wird. Du hast die Chance, in ein nicht gefährdetes, weit entferntes Land zu fliehen. Deine Familie hat entschieden, diese Chance zu nutzen. Du musst überlegen, was du in der Eile mitnehmen möchtest, und bist dabei, deine Sachen zu packen.
Du bekommst von mir einen Zettel, (M3 austeilen), auf dem ein Rucksack zu sehen ist. Du hast die Möglichkeit, ihn mit maximal 10 Dingen (keine Menschen!) zu füllen. Überlege: Was brauche ich unbedingt auf meiner Flucht? Und was möchte ich gern zusätzlich zum Notwendigsten mitnehmen, weil es mir wichtig ist? Wenn dir mehr als 10 Dinge einfallen, musst du entsprechend wieder streichen.
Du hast 5 Minuten Zeit, deinen Zettel allein – ohne Gespräche mit den Sitznachbarn – auszufüllen.
Ansage nach dem Schreiben:
Die Zeit ist um; es kann nichts mehr ergänzt werden. Behaltet eure Stifte. Eine/-r von euch beginnt und nennt eine Sache aus seinem Rucksack. Diejenigen, die dieselbe Sache auf ihrem Zettel haben, markieren diese (durch Haken o. ä.), damit jede-/r weiß, was schon genannt wurde. Dann liest der/die Nächste eine Sache vor. Das machen wir so lange, bis alle Dinge genannt wurden.
Nach jeder Nennung kann die Leitung unterbrechen und nachfragen:
Wozu brauchst du diesen Gegenstand? Weshalb ist es dir wichtig, ihn mitzunehmen? Wer hat diesen Gegenstand auch (oder nicht) mitgenommen?
Zum Abschluss:
Der Großteil der Geflüchteten hat genau wie ihr – mit denselben Überlegungen und Gefühlen –einen „Rucksack“ gepackt. Aber am Ende ihrer Reise kamen sie oft ohne Gepäck an und hatten nur noch den Rest ihrer Kleidung am Leib und – wenn es irgendwie möglich war – ihr Handy und ihren Pass.
Das Gepäck haben sie verloren, es wurde ihnen gestohlen, sie mussten es zurücklassen im Fahrzeug eines Schleppers … Am wichtigsten war den Menschen ihr Handy und/oder der Pass. Das haben sie versucht, auf jeden Fall zu retten. Mit einem Handy können sie den Kontakt mit der Familie aufrechterhalten, sie bekommen Informationen von Schleppern oder brauchen es zum Planen von Routen (Navi, Karten, GPS) und vielem mehr.
Nachdem wir jetzt eine Reihe von Fluchtgründen kennengelernt haben, wenden wir uns nun einzelnen Fluchtgeschichten zu. Ihr werdet in einem nächsten Schritt in Gruppen jeweils die Geschichte eines/einer Geflüchteten erfahren. Eure Aufgabe wird sein, euch die Biografie zunächst – mithilfe eines kleinen Fragenkatalogs – anzuschauen.
Wir stellen uns dann vor, dass der/die Geflüchtete per Post die Einladung zum lange ersehnten Anhörungstermin bekommt. Er/Sie muss zum „BAMF“ kommen – dem Bundesamt für Migration und Flucht – und wird dort bei der Anhörung Gelegenheit haben, seinen/ihren Antrag auf Asyl ausführlich zu begründen. Diese Szene werden wir im Rollenspiel nachspielen.
Eine Person aus eurer Gruppe wird in die Rolle des/der Geflüchteten schlüpfen.
Die anderen sind ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätig und begleiten ihn/sie als sogenannte „Beistände“ zur Anhörung. Wenn es den Beiständen erlaubt wird, sich in der Anhörung zu äußern, dann haben sie die Aufgabe, „ihren“ Flüchtling zu unterstützen in seinem/ihrem Anliegen, in Deutschland bleiben zu dürfen.
Wenn wir jetzt gleich die Gruppen (max. fünf Konfis) gebildet haben, lest ihr bitte zuerst eure Biografie durch (einzelne Biografien von M4 austeilen). Dabei hilft euch der Fragenkatalog (M5 austeilen). Einigt euch danach, wer den Geflüchteten spielen wird. Die anderen werden Beistände sein. Ihr habt zum Lesen und Vorbereiten 10 Minuten Zeit. Nehmt euch Stifte mit; sicher hilft es euch, Notizen zu machen oder wichtige Informationen oder Satzteile, die ihr in der Anhörung brauchen werdet, zu unterstreichen.
Gruppen bilden (z. B. durch Abzählen – maximal auf 4, damit sich nicht mehr als 4 Gruppen bilden. Sonst wird die Anhörung später zu lang!). M4 und M5 austeilen.
Hinweise: Während die Konfis sich – verteilt im Raum – vorbereiten, stellt die Leitung einen Tisch so auf, dass an ihm die jeweilige Anhörung stattfinden kann. Auf der einen Längsseite steht der Stuhl für den/die Anhörer/-in, auf der gegenüberliegenden Seite stehen 3–5 Stühle für den/die Geflüchtete/-n und seine/ihre Beistände. Die Stühle der zuschauenden Konfis bilden einen Halbkreis. Der Tisch steht so, dass eine kurze Tischseite zum Halbkreis ausgerichtet ist, damit die Spielenden von der Seite gesehen werden können und dem „Publikum“ nicht den Rücken zudrehen.
Nach der Vorbereitungszeit trifft sich die Gruppe im Halbkreis.
Impuls:
In meiner Rolle als Anhörer/-in werde ich jetzt den ersten Namen einer geflüchteten Person aufrufen und sie damit – gemeinsam mit den begleitenden Beiständen – zur Anhörung hereinrufen. Sie treffen dort auch auf eine/-n Dolmetscher/-in und einen Protokollanten/eine Protokollantin; diese sind aber unsichtbar. Die Anhörungen werden im Spiel nur wenige Minuten dauern. Ich werde dann abbrechen und die nächste Person aufrufen.
Es werden die Anhörungen gespielt. Der/Die Anhörer/-in kontrolliert jeweils die Personalien und lässt sich dann vom Geflüchteten erklären, warum er in Deutschland bleiben möchte.
Die anhörende Person ändert mit jeder neuen Person auch ihre Haltung/Stimmung, d. h. sie ist einmal eher „geduldig-mitfühlend“ (das vielleicht eher bei den Geflüchteten, die eine gute Bleibeperspektive haben?), ein andermal eher „kurz angebunden“ oder einfach zeitlich kurz vor dem Feierabend.
Nach den Anhörungen kommen alle aus den Rollen zurück.
Wichtiger Impuls:
In der Realität nimmt sich das BAMF bei den Anhörungen Zeit! Eine Anhörung kann mehrere Stunden dauern. Die Asylantrag-Stellenden haben die Gelegenheit und Zeit, alles zu sagen, was sie möchten, auch wenn das dauert.
Nach der Anhörung folgt für die Geflüchteten eine sehr angespannte Zeit des Wartens, die mehrere Monate dauern kann! Symbolisch hierfür werde ich euch auch nicht sofort die – mir bekannten oder die wahrscheinlichen – Ergebnisse bekannt geben. Ihr müsst also auch warten. Am Ende der zweiten Einheit werde ich euch sagen, wer Asyl bekommen wird und wer eher nicht.
Bei einer sehr großen Konfigruppe können auch mehr als vier Lebensgeschichten ausgeteilt, aber nicht alle angehört werden. Das ist wie in der Realität: Auch dort werden Menschen zur Anhörung eingeladen und am Ende des Tages wieder unverrichteter Dinge heimgeschickt und neu eingeladen.
Die Jugendlichen können hier selbst Gefühle des Frustes und der Wut spüren und müssen damit nach Hause gehen. Dadurch können sie sich besser in die Situation eines geflüchteten Menschen einfühlen.
Der Bibelvers „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; Gott aber sieht das Herz an.“ (1. Samuel 16,7) wird mehrfach auf dem Fußboden ausgelegt (s. M6). Die Leitung weist darauf hin, wie schwierig es ist, nach einer Anhörung eine Entscheidung zu treffen. Alle Beteiligten – Flüchtling, Beistand, Anhörer/-in – haben etwas anderes im Kopf, sehen die Situation mit anderen Augen. Es muss entschieden werden – aber nach welchen Kriterien? Gut, dass wenigstens Gott ins Herz sieht.
Der Hinweis auf diesen Vers bedeutet nicht, dass wir Menschen hier nur falsche Entscheidungen treffen können. Aber er verstärkt nochmals den richtigen Eindruck aus den Anhörungs-Szenen, dass es sehr schwierig ist, hier „richtig“ oder zumindest „gut“ zu entscheiden.
Es würde zu weit führen, hier BAMF-Kriterien zu besprechen. Das wurde bisher in der Praxiserprobung von Konfis auch noch nie erfragt. Das Ziel ist erreicht, wenn die Jugendlichen spüren, wie unterschiedlich die Fälle sind und wie schwierig es ist, zu entscheiden. Sie sollen entlassen werden mit der Unsicherheit im Kopf und im Gefühl, wie das wohl ausgehen mag.
Spezielle Problematisierungen (z. B. „Wie geht man um mit Geflüchteten, die die Behörden austricksen wollen und Falsches erzählen, oder mit denen, die kriminell sind?“) sind hier evtl. bei manchen Konfis auch im Kopf. Bisher wurde hierzu noch nie etwas an dieser Stelle gefragt. Diese Dinge kommen in der zweiten Stunde dann eher beim „Faktencheck“ zur Sprache.
(Alternativ oder zusätzlich kann auch der Bibelvers „Prüft alles, und behaltet das Gute.“ (1. Thess. 5,21) verwendet werden. Hinweis: Was ist (für wen?) das „Gute“?)
für 1. + 4. Schritt:
2. Schritt:
3. Schritt:
für 5. Schritt:
für 7. Schritt:
Mithilfe von M7 wird das Anspiel gemacht. Heiner und Frieda sollen ihre Rollen aber nicht als „Hardliner“ spielen, sondern mit viel Unwissenheit und Unsicherheit.
Nun habt ihr Heiner und Frieda gehört. Vieles haben sie gesagt, aber sie klangen trotzdem ziemlich unsicher. Welche Aussagen wurden von den beiden geäußert? Wir wollen diese hier auf dem Flipchart sammeln.
Ziel ist es, möglichst viele der von Heiner und Frieda angesprochenen Themenbereiche aufzugreifen (und auf dem Flipchart zu sammeln) und idealerweise zu der Erkenntnis zu gelangen, dass es sich hier um Vorurteile, Stereotypen, Gerüchte und Parolen gehandelt hat.
Die leitende Person hat hier die Möglichkeit, eventuelle Vorbehalte oder Theorien zu Geflüchteten seitens der Konfis zu erfragen und die folgende Gruppenzuteilung dementsprechend anzupassen.
Die Nachbesprechung kann aus Zeitgründen auch gekürzt werden, indem man das Gespräch ohne das Sammeln des Gesagten auf dem Flipchart führt.
Für den nun folgenden „Faktencheck“ bekommen die Konfis – je nach Größe der Gesamtgruppe – einzeln, zu zweit oder in kleinen Gruppen Texte zur Vorbereitung (Auswahl aus M8a bis M8q). Für ca. 20 Minuten Auswertung am Ende empfehlen wir, maximal 6–8 Themen auszuteilen. Bei sehr kleinen Konfigruppen kann es vorkommen, dass ein Faktencheck-Thema pro Person austeilt wird. Die Leitung kann sich auf M8 notieren, welche Texte (an wen) ausgegeben wurden.
Wir haben also festgestellt, dass Heiner und Frieda zwar viele Vorurteile kennen, jedoch offenbar auch ziemlich unsicher sind, ob das alles so stimmt. Lasst uns nun überprüfen, was davon zutrifft: Findet euch in Paaren/Gruppen zusammen und bearbeitet in eurer Kleingruppe die Arbeitsblätter, die euch ausgegeben wurden. Anschließend werden wir uns das Gespräch zwischen Heiner und Frieda noch einmal ansehen. Doch dieses Mal werdet ihr den beiden als Experten helfen!
Während der Einzel- oder Gruppenarbeit sollten die leitenden Personen umhergehen und Rückfragen der Konfis beantworten. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass diese die wichtigsten Inhalte kurz und präzise herausarbeiten. Es soll am Ende keinen langen Vortrag zu dem Thema gehalten, sondern direkt Bezug auf die Aussagen von Heiner und Frieda genommen werden. Um in der Runde später Verzögerungen zu vermeiden, kann dies hier bereits gesteuert werden. Die Faktencheck-Texte sind so vorbereitet, dass klar wird: Ein bis zwei wichtige Fakten sollen herausgefunden und später vorgetragen werden.
Nun habt ihr euch alle intensiv mit einem von Heiner und Friedas Themen beschäftigt und seid Experten. Achtet gut darauf, wann die beiden über euer Thema sprechen, unterbrecht sie an dieser Stelle und informiert sie.
Um Zeit zu sparen, empfiehlt es sich, nicht das gesamte Anspiel zu wiederholen, sondern nur die entsprechenden Sätze zu den ausgegebenen Themen zu lesen.
Im Rollenspieltext stehen auch die Nummern der passenden Faktencheck-Themenblätter, um die entsprechenden Gruppen aufrufen zu können.
Vielen Dank für eure Beiträge. Nun haben wir Heiner und Frieda schon vieles erklären können. In der Schule, zu Hause, im Verein oder bei einer Familienfeier hört ihr vielleicht Vorurteile über Flüchtlinge. Vielleicht könnt ihr euch auch dort mit Fakten einschalten und hilfreich aufklären.
Eine ausführliche Anleitung zum Teilhabespiel findet sich auf M9a.
Kann sich jemand vorstellen, weshalb Heiner und Frieda sich eigentlich so über die Geflohenen ärgern?
Ideen sammeln, ohne sie zu kommentieren.
Wir wollen herausfinden, warum es in unserer Gesellschaft überhaupt so viele Vorurteile und Ängste gegenüber Flüchtlingen gibt. Lasst uns deshalb jetzt gemeinsam eine Übung machen, vielleicht verstehen wir Heiner und Frieda dann etwas besser!
Jeder und jede von euch bekommt nun eine Rollenkarte (einzelne Rollen von M9c austeilen; eine Übersicht über alle Rollen findet sich auf M9b). Diese Karte ist nur für euch bestimmt. Lest sie verdeckt durch und erzählt keiner anderen Person, was auf dieser Karte steht. Merkt euch, wer ihr seid, was auf dieser Karte steht, und steckt sie anschließend in eure Hosentasche!
Die Konfis bekommen kurz Zeit, sich ihre Karten anzusehen.
Steckt die Karte ein und schließt die Augen. Ihr seid bei der nun folgenden Übung eine fremde Person. Ihr erfahrt auf eurer Karte nur wenig über diese Person. Doch natürlich gehört noch viel mehr dazu. Ihr dürft eure Fantasie benutzen, um euch die Geschichte eurer Person genauer zu überlegen. Hierfür möchte ich mit euch eine kurze Fantasiereise machen, damit ihr besser in eure Rollen hineinkommt und noch einiges zu eurer Person dazuerfinden könnt. Schließt bitte eure Augen, hört mir gut zu und beantwortet in eurem Kopf ganz für euch still die Fragen, die ich euch gleich stellen werde.
Nach der Fantasiereise:
Nun hat hoffentlich jeder und jede von euch ein gutes Bild von der Person, in deren Haut ihr gleich schlüpft. Verlasst bitte das Plenum / den Sitzkreis und stellt euch nebeneinander an diesem Ende des Raums/Flurs auf. Ich werde euch gleich Fragen stellen. Diese Fragen beantwortet ihr still, ohne ein Wort zu sagen. Stimmt eine Aussage, die ich treffe, bzw. könnt ihr eine Frage von mir mit „ja“ beantworten, so geht einen Schritt vor. Ist dem nicht so, bleibt ihr stehen. Denkt daran, immer aus der Sicht bzw. Rolle eurer Person heraus zu reagieren.
Macht kleine Schritte, sonst reicht unser Raum nicht.
Bleibt da stehen, wo ihr jetzt steht. Seht euch um. Wie steht ihr? Wo stehen die anderen? Überlegt, wie ihr euch während des Spiels gefühlt habt und wie ihr euch jetzt gerade fühlt. Was ging während des Beantwortens der Fragen in euch vor? Was bewegt euch jetzt?
Beschreibt die Gefühle, die das alles bei euch ausgelöst hat. Habt ihr euch vielleicht geärgert? Habt ihr etwas wie Neid gespürt oder war es eher Hilflosigkeit? Habt ihr womöglich irgendwann innerlich aufgegeben und gedacht: „Ich bleibe eh auf der Strecke!“?
Die Leitung moderiert das Gespräch. Die Konfis bleiben immer noch stehen. Nach und nach werden einzelne Rollen erfragt und somit für die anderen öffentlich gemacht.
Im Teilhabespiel kann es sein, dass ein geflüchteter Mensch eine/-n Deutsche/-n überholt hat. Oder dass zwei Personen, die die gleiche oder eine ähnliche Rolle hatten, an unterschiedlichen Orten angekommen sind. Dann kann gut darüber gesprochen werden, woran das liegen mag. Dabei sollte zur Sprache kommen, dass es nicht nur an den objektiven Lebensbedingungen, sondern auch an der Wesensart eines Menschen liegt, wie wohl und zufrieden er sich in seiner Situation fühlt. (Ein Hinweis zum recht bekannten Bild des „halb vollen“ oder „halb leeren“ Glases kann hilfreich sein.)
Die Leitung kann hier auch Bezug nehmen auf die Äußerungen zu Beginn der Übung. Sicherlich lassen sich Verknüpfungen zwischen sozialer Benachteiligung und den zuvor geäußerten Vermutungen über den Unmut von Heiner und Frieda aufgreifen.
Variante A
Wenn nur noch wenige Minuten übrig sind:
Wir haben gemeinsam erfahren, dass Flucht nicht nur ein aktuelles Thema ist. Flucht gab es schon immer, aus den verschiedensten Gründen. Auch in der Bibel kommt dieses Thema immer wieder vor und es gibt viele Bibelstellen, die hierzu etwas sagen.
Fragen wie „Weshalb sollen wir helfen?“ oder „Wie stehen wir als Christen eigentlich zu dieser Thematik?“ wurden damals schon beantwortet.
Wir lesen gemeinsam einige Bibelstellen. Was will uns Gott damit sagen?
Eine oder mehrere der Bibelstellen zum Thema „Umgang mit Fremden“ (s. M10) werden auf dem Boden ausgelegt und vorgelesen (alternativ oder zusätzlich: M11 – Die Goldene Regel in den Weltreligionen“). Die Leitung „bindet damit den Sack zu“.
Zuletzt werden die Ergebnisse des Anhörungsspiels aus der ersten Unterrichtseinheit verkündet.
Variante B
Wenn noch Zeit zur Verfügung steht oder das Thema in einer zusätzlichen Stunde weiter behandelt werden kann, ist es möglich, mit den Bibelstellen ausführlicher zu arbeiten:
Wir haben gemeinsam erfahren, dass Flucht nicht nur ein aktuelles Thema ist. Flucht gab es schon immer, aus den verschiedensten Gründen. Auch in der Bibel kommt dieses Thema immer wieder vor und es gibt viele Bibelstellen, die hierzu etwas sagen.
Fragen wie „Weshalb sollen wir helfen?“ oder „Wie stehen wir als Christen eigentlich zu dieser Thematik?“ wurden damals schon beantwortet. Spannend ist jedoch zu erfahren, was wohl in der Bibel stehen würde, wenn wir sie heute neu schreiben könnten. Hierzu ein Beispiel.
Die Leitungsperson liest eine originale Bibelstelle (M10) vor und legt sie auf dem Boden ab. Danach wird die „moderne Übertragung“ – evtl. durch eine zweite Person – gelesen.
Die Konfis bekommen M12a (oder nur je eine Bibelstelle) und formulieren selbst zeitgemäße Übertragungen. Sie stellen sich diese gegenseitig vor. (Vorschläge für zeitgemäße Übertragungen s. M12b.) Ganz zum Schluss werden die Ergebnisse des Anhörungsspiels aus der ersten Unterrichtseinheit verkündet (s. M13).
Besondere Materialien stehen beim jeweiligen Baustein 1/2 zu Beginn.
M1 – „Give it up“ / interkulturelle Übung
M2 – „Give it up“ / Reflexionsfragen
M3 – Arbeitsblatt „Rucksack“
M4 – Fluchtbiografien
M5 – Fragenkatalog
M6 – Bibelvers 1. Sam 16,7
M7 – Rollenspieltext „Der Stammtisch“
M8 – Faktencheck / Übersicht (für die Leitung)
M8a bis M8q – Faktencheck / Themen 1 bis 17
M9a – Teilhabespiel / Anleitung (für Leitung)
M9b – Teilhabespiel / Rollen-Übersicht (für Leitung)
M9c – Teilhabespiel / Rollenkarten
M10 – Bibelstellen zum Thema „Umgang mit Fremden“, in A4-Größe ausgedruckt
M11 – Die goldene Regel in den Weltreligionen
M12a – Arbeitsblatt Bibelstellen (blanko)
M12b – Arbeitsblatt Bibelstellen (Lösungsvorschläge)
M13 – Auflösung der Anhörungsfälle (Fluchtbiografien)
Mit ❤ gemacht von der anKnüpfen-Redaktion
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