Entdecke den Luther in dir!

Freiheitsthesen an der Kirchentür

Wie kann das Thema Reformation im Konfi thematisiert werden - so, dass es für die Konfis existenziell relevant wird? Dieser Baustein ist ein Versuch, die geschichtlichen Ereignisse mit Lebensfragen von Jugendlichen zu verbinden. Er mündet in einen Diskurs ein, aus dem die Teilnehmenden eigene Standpunkte („Thesen“) ableiten können.

Ein Baustein von Elisabeth Nitschke

Bild: Wim van 't Einde/unsplash.com

Wie kann Reformation im Konfi thematisiert werden? Im Religionsunterricht kann die Einheit „Reformation“ kirchengeschichtlich verkopft ablaufen, ein existenzieller Zugang wird jedoch auch dort meist gesucht und ist aus der Konfi-Arbeit erst recht nicht wegzudenken. Doch auch im Konfirmandenunterricht soll die Kirchengeschichte nicht zu kurz kommen. Sie gehört zu unserem Kulturgut und kann als „Beispielerzählung“ eines Aufbruches in die Freiheit nicht einfach durch das „Erleben“ von Freiheit ersetzt werden. Außerdem bietet die vielschichtige Person Martin Luther, an dem die Geschehnisse zumindest für Konfirmand/innen als Einstieg festgemacht werden dürfen, das Potenzial zur Identifizierung – in Zustimmung und Abgrenzung.

Der folgende Beitrag ist ein Versuch, die geschichtlichen Ereignisse mit Lebensfragen von Jugendlichen zu verbinden. Er mündet in einen Diskurs ein, aus dem die Teilnehmenden eigene Standpunkte („Thesen“) ableiten können oder dazu angeregt werden, einen Dank zu formulieren. Der Einstieg erfolgt locker mit einem Freiheitsspiel. Anschließend diskutieren die Jugendlichen Lebensfragen auf Plakaten im Raum. Genau diese Lebensfragen erscheinen „rückprojiziert“ in ausgewählten Szenen aus dem bekannten Luther-Film von Eric Till. Arbeitsblätter mit Snapshots zu diesen Lebensfragen leiten in die persönliche Reflektion in Kleingruppen ein mit dem Ziel eigene Thesen zu formulieren. Sie können als Abschluss an die Kirchentür gehängt werden – so hat die ganze Gemeinde etwas davon und die Jugendlichen haben einen Ansporn.

Eine Stolperfalle vorab: Der Film „Martin Luther – Er veränderte die Welt für immer“ von Eric Till ist schon weitgehend bekannt, allerdings eher den Mitarbeiter/innen als den jeweiligen Konfirmand/- innen. Wer den Film aus der Schule kennt, verträgt nochmals ausgewählte Szenen, da der Film eine Fülle von Themen bietet, die selten vom Religionsunterricht schon ganz durchdrungen sind. Wer ihn noch nicht kennt, kann die ausgewählten kurzen Szenen mit den Erläuterungen gut aufnehmen, ohne dass das Material durch kommentarloses Anschauen einfach „verbrannt“ wird.

Gesamtvorbereitung

– Plakate M1 3 (6) mal auf A3 kopieren
– Arbeitsblätter M2 pro TN und Mitarbeiter/in kopieren
– Farbiges Papier für Thesen bereitlegen
– Raum mit Plakaten behängen
– Beamer, Leinwand, Aktivboxen und PC bereitstellen (bei kleinen Gruppen Fernseher mit DVD-Player)
– Luther-Film von Eric Till: „Martin Luther – Er veränderte die Welt für immer“ (am besten in der Version „DVD educativ“ von Matthias-Film, preiswert mit Aufführungsrechten zu beziehen).

1. Schritt Warming up: Zublinzeln – gebunden sein (15 Min.)

Stellt euch mal im Kreis auf. Jetzt rückt jeder zweite – kommt mal vor – vor seine rechte Nachbarin. Nun haben wir einen Kreis aus lauter Paaren, die hintereinander stehen. Nur ich stehe allein, und das hat seinen Grund. Ich werde gleich einer von euch, die vorn steht, zuzwinkern, und die will natürlich unbedingt zu mir! Hinterfrauen, aufgepasst! Ihr lasst sie natürlich nicht einfach ziehen. Wenn ihr seht, dass mein Zwinkern eurer Vorderfrau gilt, müsst ihr sie blitzschnell festhalten, sonst ist sie bei mir! Ansonsten dürft ihr sie aber nicht festhalten, sondern habt eure Arme am Körper. Wenn sie schneller ist als ihr, habt ihr Pech. Dann seid ihr allein. Wer allein ist, zwinkert dann wieder jemand anderem zu … und muss hoffen, dass dieser dann schnell frei für ihn ist.

Bei der Durchführung auf Fairness und einen guten Umgang mit Nähe und Distanz achten. Bei vielen Teilnehmer/- innen kann auch in zwei Doppelkreisen gespielt werden, zur Not nach Geschlechtern getrennt, auch wenn die Konfis dieses Spiel mit Nähe und Distanz oft gut meistern. Schluss ist, wenn alle genug haben – oder nach fünfzehn Minuten.

2. Schritt: Diskussion – Rotieren und an sich selbst anknüpfen (20 Min.)

Vorbereitung: Im Raum (gern in einer Kirche ringsherum an den Wänden, solange davor Platz zum Laufen ist) hängen die drei Plakate M1 auf A3-Format kopiert. Zur anschließenden Gruppenarbeit sind im gleichen, noch besser: in einem weiteren ausreichend großen Raum, Gruppentische für je 5-7 Personen aufgestellt.

Die Thesen bzw. Fragen auf den Plakaten werden gleich von den Teilnehmer/innen diskutiert. Von Plakat zu Plakat rotieren sie je zur Hälfte gegenläufig – sodass zwei Richtungen entstehen, sich weiterzubewegen und die Gruppen an jedem neuen Plakat durchmischt werden.

Achtung: Bei einer Gesamtgruppengröße ab 22 ist es sinnvoll, die Plakate 1-3 zweifach aufzuhängen in der Reihenfolge 1,2,3 – 1,2,3.

An jedem Plakat steht ein/e feste/r Mitarbeiter/in, der oder die sich nicht weiterbewegt und vorher Zeit hatte, über die Frage selbst nachzudenken, am besten in einer gemeinsamen Mitarbeitervorbereitung.


Einteilung für Plakate-Diskussion
Impuls für eine Gesamtgruppengröße von 42:

Ihr seht, im Saal hängen sechs Plakate ringsherum an den Wänden. An jedem steht schon ein Mitarbeiter und erwartet euch. An jedes Plakat stellt euch nun – eine Gruppe von sieben Personen (6×7=42) [kurz Zeit nehmen].

Ihr seid angekommen. Ihr werdet euch nach einer kleinen Aufgabe auch wieder trennen. Deshalb einigt euch zuerst, welche 3 (4) Personen am Ende der Diskussionsrunde auf ein akustisches Signal hin immer nach rechts und welche immer nach links zum nächsten Plakat weiter gehen und dort auf die nächste Gruppe treffen. Einigt euch nun.

Jetzt diskutiert über die Aussagen auf dem Plakat! Am Ende ertönt die Klangschale. Dann geht ans nächste Plakat und diskutiert dort mit der Kleingruppe, auf die ihr nun trefft. Das wiederholt sich. Ihr trefft zu dritt oder viert auf immer neue Leute, bis ihr an drei Plakaten gewesen seid. Die Klangschale ertönt erstmals, dann diskutieren Konfis und Mitarbeiter/innen. Vor dem jeweils nächsten Impuls durch die Klangschale empfiehlt sich nachzufragen, ob jeder weiß, wo er hin muss.

Durchführung
Zur Gruppeneinteilung für spätere Phasen werden an der Station die Konfirmand/innen gebeten:

Merkt euch, mit welchen Personen ihr jetzt am letzten Plakat gestanden habt! Dann nehmt hier im Mittelblock Platz.

3. Schritt: Film ab – Anknüpfen an: Impulsfragen mit drei Filmszenen aus dem Luther-Film (40 Min.)

Vorbereitung: Leinwand, Beamer, Aktivboxen sind aufgebaut und die Filmszenen aus „Luther – Er veränderte die Welt für immer“ sind einzeln anwählbar.

Zu allem, was ihr euch überlegt habt, könnt ihr heutzutage eine eigene Meinung vertreten – das war nicht immer so. Dass es so ist, verdanken wir zum großen Teil dem Mann, der die Reformation in Deutschland angestoßen hat – Martin Luther. Wir versetzen uns in eine Zeit vor 500 Jahren. Dort fing eine Bewegung an, die wir heute Reformation nennen und die die wichtigsten Grundfreiheiten für uns entdeckte. Alles begann mit Martin Luther, einem klugen jungen Mann, der wohl Karriere als Jurist hätte machen können – manche von euch träumen vielleicht davon. Wie alle Menschen dieser Zeit hatte er jedoch ständig Angst. Die Menschen lebten in Angst vor der nächsten Pest-Epidemie, die Herrscher vor einem Krieg mit der Türkei, die Untertanen vor mächtigen Herrschern, die Kinder vor ihren strengen Eltern und Lehrern und alle zusammen vor dem strengen Gott, der am Ende der Tage über sie richten würde.
Und wehe dem, der dieses Gericht nicht bestehen würde. Ihr wisst vielleicht noch aus der (Grund-)Schule: Im ersten Teil seines Lebens lebte auch Martin Luther in ständiger Angst vor Gott. Er erlebte einmal eine extreme Pechsträhne. Ein Freund ist dabei sogar gestorben. Daraufhin änderte er sein Leben radikal und riskierte sogar einen harten Konflikt mit seinem Vater. Der hatte sein ganzes Leben gespart, damit Martin Jura studieren konnte. Und dann das. – Muss man es seinen Eltern immer recht machen? Luther hatte sich dagegen entschieden. Wir schauen uns diese Szenen seines Lebens im Film an.

Filmkapitel 1: Luther im Gewitter und Luthers Konflikt mit dem Vater – 11 Min.

Was hat er wohl gedacht, weshalb es ihn im Gewitter trifft?

Mögliche Antwort: Die Menschen glaubten, das, was in ihrem Leben nicht richtig läuft, sei eine Strafe Gottes und nach ihrem Tod erwarte sie noch Schlimmeres, wenn sie nicht schon im Leben büßen würden. Ihnen wurde eingebläut, dass sie sich mit einer Spende für ein gutes Werk der Kirche freikaufen könnten.

Filmkapitel 4 – Tetzel 9 Min.

Ihr seid schon aufgeklärt – aber der Glaube, man könne sich mit genug Geld und einem geschickten Anwalt das Wichtigste im Leben schon einrichten, hält sich bis heute! Er ist mit dem Glauben, man könne sich Gottes Vergebung, Liebe oder Zuwendung, kurz gesagt, seine Gnade erkaufen, eng verwandt! Martin Luther hat dem widerstanden. Er hatte sogar die Kraft, allein gegen alle zu stehen.

Filmkapitel 6 – Widerrufungsweigerung – 5 Min.


Was meint ihr: Woher nahm Martin Luther die Kraft, um …
– … gegen den Willen seines Vaters Mönch zu werden? (aus Angst vor Gott)
– … gegen Leute wie Tetzel an Gottes Gnade – gratis – festzuhalten? (aus der Bibel)
– … gegen alle anderen bei seiner Meinung zu bleiben? (In der Bibel hatte er von Gottes Liebe gelesen.)


Überleitung zur Arbeit an Gruppentischen:

Es kommt nicht nur darauf an, dass ein Martin Luther das vor genau 500 Jahren erlebt hat, sondern es kommt darauf an, dass ihr es in euer Leben übersetzt. Jetzt wisst ihr, dass wir von Gottes Liebe in der Bibel erfahren – trotz allem, was scheinbar dagegen spricht. Nachher sollt ihr Thesen verfassen, die wir wie Luther an die Kirchentür kleben wollen! Thesen sind Behauptungssätze, die ein Gespräch anstoßen wollen – dazu müssen sie mutig sein. Sie sollen sich auf die drei Fragen beziehen:
– Wozu möchtest du frei sein?
– Was kann man nicht mit Geld kaufen?
– Wo lohnt es sich, gegen alle anderen an der eigenen Meinung festzuhalten?

Ihr könnt aber in diesem Zusammenhang auch gern einen Dank formulieren. Wenn wir das alles an der Kirchentür anbringen, kann die Gemeinde es am Sonntag lesen. Dazu braucht es aber etwas Vorarbeit. Ihr findet zuerst ein Arbeitsmaterial – das mit den Bildern aus dem Film darauf – auf den Gruppentischen nebenan, über das ihr jeder einzeln nachdenkt.

Dann sprecht miteinander und kommt zu gemeinsamen Thesen für die Kirchentür. Geht jetzt zusammen an die Tische mit den Personen, mit denen ihr am letzten Plakat gestanden habt. Alles Material liegt auf den Gruppentischen im Raum nebenan bereit.

4. Schritt: Einzelarbeit – Grundwahrheiten finden (15 Min.)
Vorbereitung:

Die Arbeitsblätter M2 mit Snapshots aus dem Film liegen für jede/n Teilnehmer/in und die Mitarbeiter/innen auf den Gruppentischen aus. Die Mitarbeiter/innen haben sich bereits mit dem Material
beschäftigt und assistieren. Am Tisch findet in den Gruppen, in denen die Jugendlichen zuletzt zusammen am Plakat standen, zuerst Einzelarbeit mit dem Arbeitsblatt M2 statt wie oben beschrieben. Darauf sind Fragen zu den aussagefähigen Bildern der jeweiligen Filmkapitel.

Sollte eine Pause nötig sein, beispielsweise zum Essen, dann lässt sie sich nach der Einzelarbeit hier gut einschieben.

5. Schritt: Gruppenarbeit „Entdecke den Luther in dir“ (25 Min.)

Vorbereitung: Papier für Gruppenthesen an den Kirchentüren liegt auf Tischen bereit.

Wenn alle mit M2 fertig geworden sind, regen die Jugendmitarbeiter/innen am jeweiligen Tisch zum Gespräch an, damit gemeinsame „Gruppenthesen“ festgehalten werden können. Dabei können die Ergebnisse von M2 übernommen oder präzisiert werden. Anregungen zum Weiterdenken können dabei helfen, etwa so:

Hier lese ich: Ich will frei sein, um mein eigenes Ding zu machen. Prima – und noch sehr allgemein. Unter welchen Umständen ist es denn richtig, am eigenen Ding festzuhalten? Das könnte ja auch ein reiner Ego-Trip sein.

Oder:

Hier steht, jemand will sagen, was er richtig findet, egal, wie es ankommt. So einfach ist es nicht – nicht alles fällt unter Meinungsfreiheit. 2+3=5 ist nicht meine Meinung, sondern eine Gleichung. Ich kann nicht behaupten, 2+3=6. Wann handelt es sich um Meinungen, die geschützt werden müssen?

Oder:

Ist euch etwas klar geworden, für das ihr dankbar seid? Ihr könnt ja mal überlegen, was heute besser ist als zur Zeit Martin Luthers.

6. Schritt: Auswertung – Thesen „annageln“ und Segensrunde (25 Min.)


Wir gehen jetzt im Plenum zusammen. Dort stellt ihr eure Behauptungs- und Danksätze vor. Dann kleben/nageln wir sie zusammen an die Tür.

Die Konfirmand/innen stellen gruppenweise ihre Sätze vor. Möglicherweise muss man auf Sätze aufmerksam machen, die nicht recht dazu passen. Dann werden die Thesen an der Kirchentür angebracht.

Am Schluss steht ein Segen:

Gott, der Vater, segne dich, damit du wertvolle Ziele erkennen kannst.
Gott, der Sohn, segne dich mit Kraft, damit du für deine wertvollen Ziele einstehen kannst.
Gott, die Heilige Geistkraft, segne dich mit der Freiheit, das Gute auch zu tun.

Amen.

Material

  • Plakate M1 3 (6) mal auf A3 kopieren
  • Arbeitsblätter M2 pro TN und Mitarbeiter/in
    kopieren
  • Farbiges Papier für Thesen bereitlegen
  • Raum mit Plakaten behängen
  • Beamer, Leinwand, Aktivboxen und PC
    bereitstellen (bei kleinen Gruppen Fernseher mit DVD-Player)
  • Luther-Film von Eric Till: „Martin Luther – Er
    veränderte die Welt für immer“ (am besten in der Version „DVD educativ“ von Matthias-Film, preiswert mit Aufführungsrechten zu beziehen).
Der Baustein ist in 2 Stunden und 20 Minuten durchführbar und eignet sich für einen „Reformationsblocktag“ – gut zu verbinden etwa mit der Einheit „Bibel“. Mindestens 15 Jugendliche sollten es sein, maximal etwa 50. Wichtig ist ein Verhältnis von etwa einem/r Jugendmitarbeiter/in auf fünf bis sieben Teilnehmer/innen. Sie sind besonders wichtig, um kleine Gruppen ins Gespräch zu bringen.
Theologisch-didaktische Überlegungen: Welche „Idee“ steckt hinter dem Entwurf und was haben die Konfirmandinnen/Konfirmanden mit dem Thema zu tun?

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