Impulse für die Konfi-Arbeit

Ein Vorschlag für den Umgang mit Todesfällen in einer Gruppenstunde

Und plötzlich ist alles anders …

Der Umgang mit Todesfällen in oder im Umfeld von Konfi-Gruppen ist eine Ausnahmesituation. Wie kann man der Trauer und den Fragen der Jugendlichen begegnen? Der vorliegende Entwurf macht einige konkrete Vorschläge.

Ein Baustein von Kristina Schnürle

(Bild: Kristina Tripkovic / unsplash.com)

Eine Gruppe ist auf der Rückreise von einer Jugendfreizeit. Ein Auto hat einen schweren Unfall. Zwei Jugendliche kommen ums Leben, die anderen sind schwer verletzt. Einer der tödlich Verunglückten sollte in wenigen Wochen seine Konfirmation feiern. Er hatte schon seinen Konfirmationsspruch ausgewählt. Die erste Konfirmandenstunde nach den Ferien …?

In der neuen Konfirmandengruppe sind einige Mädchen, die gerade ihre Freundin durch einen Suizid verloren haben.

Ein Junge ist seinen Verletzungen erlegen. War es ein Unfall, war es Suizid? Wie können die Freunde in ihrer Ratlosigkeit mit dem Tod umgehen?

Eine Konfirmandin ist zu Beginn der Konfirmandenzeit an Krebs erkrankt. Sie kämpft, die Gruppe hofft und bangt mit ihr. Kurz vor der Konfirmation stirbt sie.

Vier Situationen, die deutlich machen, was das Sprichwort sagt: „Glück und Glas – wie leicht bricht das!“ Gerade noch in Vorbereitung auf den Konfirmationsgottesdienst – und plötzlich ist alles anders. Es trifft einen immer völlig unvorbereitet. Es wirft alle Pläne und Stundenentwürfe über den Haufen. Meist bleibt auch nicht viel Zeit, ausführliche, wohl überlegte Alternativen vorzubereiten.

Hintergrundinformationen zum Thema

Wir haben es in unserer Gesellschaft verlernt – oder besser gesagt: gar nicht gelernt –, zu trauern. Erschwert wird Jugendlichen eine innere Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer dadurch, dass wir in der heutigen Zeit immer weniger Gelegenheit haben, dem Sterben und dem Tod zu begegnen. Auf der anderen Seite erleben Jugendliche den Tod in den Medien in vielen Variationen: Zeitungen, Internet und Nachrichtensendungen sind voll von Bildern, die Krieg, Katastrophen, Unfälle und Verbrechen zeigen.

Deshalb ist es umso wichtiger, der Trauer und dem Abschied genügend Zeit und Raum einzuräumen. Der Schmerz darf sein und soll nicht verdrängt werden. Es gehört zu einer guten Trauerarbeit, dass auch Wut und Schmerz ausgedrückt werden können und dürfen (Fässler-Weibel, S. 165).

Das Verhalten eines trauernden Jugendlichen ist nicht nur von der Intensität der Beziehung zum Toten abhängig, sondern auch von der Entwicklung der individuellen Todesvorstellung. Deshalb ist es gut, sich klarzumachen, wo die Jugendlichen der Konfirmandengruppe in ihrer Entwicklung stehen.

Jugendliche in der Pubertät beschäftigen sich entwicklungsbedingt mit Fragen nach dem Sinn des Lebens und des Todes. Belastende Ereignisse diskutieren sie in der Gruppe, mit Freunden und Freundinnen. Um eigene Unsicherheit zu verbergen, wird häufig Härte oder Gleichgültigkeit demonstriert.

Bild: Kristina Schnürle

Tod durch einen Unfall tritt plötzlich und unverhofft auf, die zurückbleibenden Menschen sind auf dieses Ereignis völlig unvorbereitet. Die Trauer nach einem Unfalltod ist schwer zu verarbeiten und die Erkenntnis, dass jeder Tag der letzte auch des eigenen Lebens sein kann, steht aus aktuellem Anlass überdeutlich vor Augen. Die Konfrontation mit der Endlichkeit lässt existenzielle Ängste aufbrechen (Witt-Loers, S. 36). Neben Angst und Furcht können Schuldgefühle, aber auch Wut und Zorn auftreten. Aggressive und provozierende Verhaltensformen gehören daher zu den „normalen“ Trauerreaktionen von Jugendlichen.

Besonders schwierig ist es bei einem Suizid. Ein Suizid lässt Hinterbliebene oft ratlos, schuldbewusst oder auch wütend zurück. Für den Trauerprozess ist es wesentlich, dass auch negativ besetzte Gedanken und Gefühle Platz finden und ausgesprochen werden dürfen. Nicht auszuschließen bei einem Suizid ist die Nachahmung durch andere Jugendliche. Deshalb ist es besonders wichtig, dieses Thema nicht auszuklammern.

Es sollte uns nicht irritieren, wenn Jugendliche nach dem Tod eines nahestehenden Menschen keine oder wenig Emotionen zeigen oder aber Emotionen, die uns unverständlich scheinen. Als Begleiter trauernder Jugendlicher müssen wir anerkennen, dass jeder anders trauert und seine Art hat, mit dem Ereignis umzugehen. Lassen Sie den jungen Menschen genügend Zeit zu trauern, akzeptieren Sie auch für Sie inadäquate Verhaltensweisen, was Trauer und die damit verbundenen Emotionen betrifft.

Rituale helfen – nicht nur Jugendlichen –, Geschehnisse zu verarbeiten. Sie können die Jugendlichen darin unterstützen, Gedanken und Gefühle in einer symbolischen Handlung zum Ausdruck zu bringen.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle anstatt eines ausgearbeiteten Stundenentwurfs kurze Anregungen geben, wie in solch einer Ausnahmesituation die Jugendlichen in ihrem Entsetzen, ihren Fragen und ihrer Trauer begleitet werden können. Je nach Situation und Gruppe können Elemente ausgewählt werden.

Bausteine

  • Der Raum sollte vorbereitet sein, bevor die Jugendlichen kommen. Sinnvoll sind ein Stuhlkreis, ein Tuch in der Mitte, eine Kerze. Taschentücher bereitlegen. Steine, Fußspuren, Kärtchen mit Klage- und Zuversichts-Worten liegen auf dem Boden. Am Rand stehen einzelne Tische mit Papier, Stiften, Farben.

  • Der/die Hauptverantwortliche teilt der Gruppe kurz mit, was geschehen ist. Entscheidend ist, dass er/sie versucht, sich im Voraus so gut und genau wie möglich darüber zu informieren, was, wann, wo passiert ist – auch darüber, was u. U. noch unklar ist. Dies sollte zu Beginn mit wenigen Worten ganz knapp zusammengefasst dargestellt werden, um möglichen Gerüchten und Spekulationen vorzubeugen. (Wahrscheinlich wissen die Jugendlichen über ihre Netzwerke schon einiges, aber auch Unterschiedliches.)

In meinem Herzen
Sind Millionen Bilder von dir
Ein Schatz, den mir niemand nehmen kann.
Immer, wenn mir der Boden unter den Füßen weggerissen wird,
schließe ich die Augen
Und lasse sie vor mir vorbeiziehen
Und plötzlich bist du mir wieder ganz nah
Das kann mir keiner nehmen!

(Stephan Sigg)

  • Spontane Reaktionen abwarten, zulassen.

  • Wenn es bekannt und möglich ist, kann Musik abgespielt werden, die der/die Verstorbene gern gehört hat (oder Musik, die die Gruppe verbindet, oder andere Musik, Vorschläge s. M1). Es ist wahrscheinlich, dass durch die Musik manchen die Tränen kommen. Das kann und darf sein.

  • Die Musik ruft Erinnerungen auf. Was kommt uns, wenn wir an N.N. denken? Was haben wir mit ihm/ihr erlebt? Was verbinden wir mit ihm/ihr? Diese Erinnerungen können zusammengetragen werden, auf Fußspuren geschrieben werden. Diese Fußspuren können entweder bei der Trauerfeier oder bei der Konfirmation ausgelegt werden.

  • Doch der Tod eines jungen Menschen macht auch wütend, ratlos, verzweifelt. Vielleicht auch wütend auf Gott, der den Tod nicht verhindert hat. Wenn wir Gott ernst nehmen, dann können, dann müssen wir ihm das sagen. Auf Kärtchen schreiben die Jugendlichen, was sie Gott sagen wollen – oder wählen aus Klage-Worten (M2) ihr Wort aus. Diese Kärtchen werden mit Steinen in der Mitte abgelegt.

  • Bei der Kerze liegen Zuversichts-Worte (M3), wer möchte, darf sich eines davon nehmen.

  • Was würdet ihr N.N. gerne noch sagen? Was denkt ihr, würde er/sie euch mitgeben wollen für die nächste Zeit, für die Konfirmation, für euer Leben? Jede und jeder hat die Möglichkeit, in der Stille einen Brief, Gedanken, ein Bild zu Papier zu bringen, die je nach Wunsch N.N. auch mit ins Grab gegeben werden können.

  • Es wird ein Segenskreis um die Kerze gebildet (M4). So entsteht ein Gefühl der Verbundenheit, in der für die Jugendlichen spürbar werden kann, dass N.N. wie auch sie selbst in Gottes Hand geborgen sind. Gemeinsames Lied.

  • An der Konfirmation kann ein Stuhl, evtl. mit Kerze darauf, frei gelassen werden.

Literaturhinweise

Beate Alefeld-Gerges und Stephan Sigg, Trauerarbeit mit Jugendlichen. Junge Menschen begleiten bei Abschied, Verlust und Tod, Don Bosco Medien, München 2017.

Hildegard Bonse, „… als ob nichts passiert wäre“. Eine empirische Untersuchung über die Erfahrungen trauernder Jugendlicher und Möglichkeiten ihrer Begleitung durch die Schule, Schwabenverlag, Ostfildern 2008.

Peter Fässler-Weibel (Hg.), Trauma und Tod in der Schule, Paulusverlag / Academic Press Fribourg, Fribourg 2005.

Marco Kargl, „Ich bin nicht weg – nur woanders“. Was Jugendliche über Sterben und Tod und das Danach denken, Bildimpulse für Schule und Jugendarbeit, Don Bosco Medien, München 2017.

Jürgen Langer, Auf Leben und Tod. Suizidalität bei Jugendlichen als Herausforderung für die Schülerseelsorge, Peter Lang GmbH, Bern 2001.

Anna-Christina Petermann, Schulseelsorge – ein junges kirchliches Handlungsfeld im Schulalltag und in Krisenzeiten, 2. Auflage, Lit Verlag, Münster 2011.

Magdalena Reinthaler und Hannes Wechner, Plötzlich bist du nicht mehr da. Tod und Trauer von Jugendlichen, Tyrolia, Innsbruck 2010.

Klaus Wegleitner u.a., Tod – Kein Thema für Kinder? Zulassen – Erfahren – Teilen. Verlust und Trauer im Leben von Kindern und Jugendlichen. Anregungen für die Praxis, Hospizverlag, Esslingen 2014.

Stephanie Witt-Loers, Sterben, Tod und Trauer in der Schule. Eine Orientierungshilfe, 2. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016.

Material

  • Kerze, Tuch, Taschentücher
  • Steine, Fußspuren aus Papier
  • CD-Player
  • Papierkärtchen, Stifte, Farben
  • M1 – Musikauswahl zum Thema Abschied (Youtube-Links oben im Beitrag)
  • M2 / M3 – Kärtchen mit Klage- und Zuversichts-Worten
  • M4 – Segen
Anstatt eines ausgearbeiteten Stundenentwurfs werden kurze Anregungen geben, wie in solch einer Ausnahmesituation die Jugendlichen in ihrem Entsetzen, ihren Fragen und ihrer Trauer begleitet werden können. Je nach Situation und Gruppe können Elemente ausgewählt werden.
Es sollte uns nicht irritieren, wenn Jugendliche nach dem Tod eines nahestehenden Menschen keine oder wenig Emotionen zeigen oder aber Emotionen, die uns unverständlich scheinen. Als Begleiter trauernder Jugendlicher müssen wir anerkennen, dass jeder anders trauert und seine Art hat, mit dem Ereignis umzugehen. Lassen Sie den jungen Menschen genügend Zeit zu trauern, akzeptieren Sie auch für Sie inadäquate Verhaltensweisen, was Trauer und die damit verbundenen Emotionen betrifft. Rituale helfen – nicht nur Jugendlichen –, Geschehnisse zu verarbeiten. Sie können die Jugendlichen darin unterstützen, Gedanken und Gefühle in einer symbolischen Handlung zum Ausdruck zu bringen.

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