Nicht nur junge Menschen machen sich Sorgen und haben Ängste, wenn sie an die aktuellen Kriege denken und die Nachrichten aus der Ukraine hören. Verhandlungen scheinen momentan aussichtslos zu sein und Waffen werden als probates Mittel gefordert und eingesetzt. Auch innerhalb der Kirche werden verschiedene Positionen dazu vertreten. „Liebe deine Feinde!“ und „Halt die andere Wange hin!“ wirken angesichts der Brutalität naiv und möglicherweise auch verantwortungslos. Sind die Seligpreisungen und die Aufforderungen zum gewaltfreien Widerstand wirklich so unrealistisch?
Jesus beginnt seine Bergpredigt mit Worten des Trostes und des Zuspruchs, wenn er sagt: „Selig sind die, die an der Not der Welt leiden.“ In den darauffolgenden Sätzen entwirft er eine Haltung und Einstellung, die es möglich macht, Frieden zu stiften: Freundlichkeit und Barmherzigkeit gehören dazu wie auch das unbedingte Verlangen nach Gerechtigkeit. Wie das konkret geht, das beschreibt Jesus in seinen Aufforderungen, gewaltfrei Widerstand zu leisten: sich nicht wegducken, sondern die andere Wange hinhalten. Oder unerwartet auf die Forderungen der Mächtigen zu reagieren – mit einem Entgegenkommen und der Freiwilligkeit, noch die zweite Meile mitzugehen und auch noch die Jacke herzugeben.
Jugendliche erleben in ihrem Alltag, wie und wodurch Konflikte eskalieren, und kennen die Schwierigkeiten, diese gewaltfrei zu lösen. Entweder wir verzweifeln zusammen mit den Jugendlichen angesichts der andauernden Kriegssituation oder wir probieren Möglichkeiten aus, Gewalt auf andere Weise zu begegnen und Frieden zu schaffen. Selbst, wenn niemand von uns direkt diesen Krieg stoppen kann, kann es ermutigen und Hoffnung machen, wenn wir begreifen, dass Frieden bei jedem und jeder von uns anfängt.
Anhand der aktuellen Situation von Kriegen und Konflikten in der Welt entwickeln die Jugendlichen Friedenswünsche und -visionen. Sie probieren in einer Konfliktübung verschiedene Reaktionsmuster auf Aggressionen aus und besprechen die Möglichkeiten gewaltfreier Aktionen auf beiden Seiten: des Verzichts auf Gegenwehr wie auch der Verweigerung des Angriffs. Die jungen Menschen erkennen ihre eigene Verantwortung für eine Mitgestaltung der zukünftigen Welt.
Ausgehend von Worten aus der Bergpredigt entwickeln die Jugendlichen Ideen und Möglichkeiten, in kleinen alltagspraktischen Schritten für Frieden im Alltag einzutreten. Dazu werden kurze, knappe Aufforderungen auf Buttons gestaltet und später in größerer Stückzahl hergestellt oder vervielfältigt. Diese kleinen Denkanstöße können zum Beispiel im Gottesdienst oder bei einem Gemeindefest verteilt werden und wirken so in die Gemeinde hinein. Die Aktion kann auch in einem Konfi-Gottesdienst oder bei einer Friedensandacht thematisiert und vorgestellt werden.
Die Konfis begegnen sich in Bewegung. Zunächst gehen alle in ihrem eigenen Tempo durch den Raum. Dabei wird nicht gesprochen. Jede und jeder läuft für sich. Bei einem vereinbarten Signal bleiben alle stehen und warten auf weitere Ansagen und Impulse. Zunächst richten sich die Ansagen auf unterschiedliche Tempi, dann auf verschiedene Begegnungssituationen: Schau die, die dir begegnen, freundlich an; nicke ihnen zu; dreh dich ganz schnell weg; weiche anderen aus; klatscht euch gegenseitig ab (high five!); geht ein paar Schritte nebeneinander her usw.[1] Das Ziel der Übung ist neben dem Ankommen in der Gruppe auch die Hinführung zum späteren Übungsteil.
Wir haben uns heute mal anders begrüßt, wir sind uns begegnet. Ihr kennt euch als Konfirmand*innen. Du selbst kennst einige besser, andere magst du vielleicht, wieder anderen gehst du aus dem Weg. So ist das in einer Gruppe. Und ähnlich ist es auch auf der Welt. Viele mögen sich, einige haben Konflikte, andere kämpfen gegeneinander. Es gibt Krieg. Lasst uns heute über den Frieden reden.
Auf dem Boden liegt ein Plakat mit dem Satzanfang „Frieden ist …“. Jede*r Konfi bekommt eine Karte und ergänzt darauf den Satz. Anschließend legen alle ihre Karten in der Mitte ab. Die Sätze werden einander vorgelesen und geclustert. In einem kurzen Gespräch erarbeiten die Konfis die unterschiedlichen Bereiche und Felder, in denen sie nach ihrer Definition den Frieden verorten. So wird deutlich: Frieden umfasst verschiedene Bereiche unserer Gesellschaft, nicht nur die Politik und die Gesellschaft, sondern gerade auch das persönliche und familiäre Umfeld.
Die Konfis bilden zwei Gruppen (z. B. rot und gelb). Der Gruppenraum wird mit einem Seil oder einem Klebe-Kreppband in ein Feld der Gelben und ein Feld der Roten unterteilt.
Die gelbe Gruppe will das Seil, das euch trennt, überqueren und in das Gebiet der roten Gruppe gehen. Die einzige Regel dabei ist: Die Hände aller Spieler*innen bleiben auf dem Rücken. Niemand soll verletzt werden.
Der erste Durchgang findet ohne weitere Ansage statt. Die Leitung gibt ein Signal für den Beginn und das Ende des Durchgangs.
Für den nächsten Durchgang werden die Gruppen gebeten, sich abzusprechen, wie sie vorgehen wollen. Wie kann Gelb das Ziel erreichen? Und wie soll Rot reagieren? Wieder gilt: die Hände auf den Rücken, keine Verletzungen, mit dem Signal beginnt und endet der Durchgang.
Es werden so noch zwei oder drei Strategien ausprobiert. Die Gruppen wechseln ihre Rollen als Übertretende und Reagierende.
In einem kurzen Blitzlicht besprechen die Gruppen, welche Strategien mehr oder weniger erfolgreich waren. Möglicherweise war keine Strategie für alle zufriedenstellend. Wenn die Gruppe selbst keine Ideen mehr entwickelt, kann die Spielleitung der verteidigenden Gruppe verdeckt drei neue Möglichkeiten vorschlagen (M1):
Nach diesen drei Spieldurchgängen gibt es eine gründlichere Auswertung. Folgende Impulse sind möglich:
Welche Strategie war hilfreich? – Welches Vorgehen hat euch „Angreifer“ ausgebremst? – Was hat euch „Angegriffenen“ geholfen?
Warum seid ihr „Angreifer“ eigentlich in das Land der anderen gegangen? Wer hat gesagt, dass ihr das wirklich tun sollt?Warum wolltet ihr anderen verhindern, dass die anderen zu euch kommen?
Was ändert sich, wenn ihr sie einfach reinlasst oder sie sogar einladet?
Hattet ihr als Aggressoren auch eine Möglichkeit, den Konflikt zu beenden?
Diese Impulse bringen das Gespräch wahrscheinlich auch auf die aktuelle Situation in der Ukraine oder andere aktuelle Konflikte in der Welt, die den Konfis präsent sind. Bei der Erprobung war das der Fall und es hat sich gezeigt, wie wertvoll die Erkenntnisse aus dem vorausgegangenen Spiel waren.
Die Seligpreisungen und einzelne Sätze aus der Bergpredigt (M2) werden vorgelesen und im Raum verteilt auf dem Boden ausgelegt. Die Konfis gehen durch den Raum und lesen die Sätze, an denen sie vorbeikommen, noch einmal laut vor. So werden sie mehrmals hörbar. Schließlich bleiben die Konfis an dem Satz stehen, der für sie eine hilfreiche Anleitung zu einer friedlichen Reaktion auf einen Angriff sein könnte. In einem kurzen Austausch überlegen die Jugendlichen zunächst in Dreiergruppen, wie die Sätze Jesu Beiträge zum Friedenstiften sein können. Anschließend teilen sie der Großgruppe ihre Ideen mit. Im Plenum können die Vorschläge eventuell noch einmal kurz aufgenommen und besprochen werden.
Bei der Erprobung dieses Vorschlags kamen wir im Gespräch weg vom Kriegsgeschehen und hin zu Möglichkeiten, persönliche und gesellschaftliche Konflikte zu schlichten.
Unsere Ideen zum Friedenstiften sollen nicht nur bei uns bleiben. Wir haben geübt, wie man auf Angriffe oder Konfrontationen reagieren kann. Jetzt suchen wir dazu kurze Sätze als Denkanstöße. So was wie: „Heute schon gelacht?“ oder: „Heute schon geredet?“ Was meinst du, was kann helfen, wenn jemand dich oder andere provoziert?
Die Konfis überlegen kurze Fragesätze als Denkanstöße, einige Ideen dafür können auch vorgegeben werden (M3). Bei der Erprobung war das nicht nötig.
Die Konfis gestalten jeweils einen Button mit einem kurzen Denkanstoß. Dazu kann die Gestaltungsvorlage (M4) genutzt werden. Die Konfis schreiben ihren Denkanstoß mit farbigen Holz- oder Filzstiften in die Vorlage hinein, malen oder gestalten die Friedenstaube und ergänzen möglicherweise noch weitere Elemente.
Auch ohne Buttonmaschine lassen sich Buttons ganz einfach mit Rohlingen zum Zusammenfügen herstellen. Dazu wird das einzelne Buttonmotiv sehr sauber ausgeschnitten, in den durchsichtigen Kunstoffdeckel eingepasst und die weiße Kunststoffscheibe mit der Sicherheitsnadel daraufgesetzt.
Anschließend stellen die Konfis sich gegenseitig ihre Buttons vor. Es können sich Überlegungen anschließen, die Buttons in größerer Stückzahl herzustellen und in der Gemeinde zu verteilen. Die Denkanstoß-Buttons können dazu entweder in Handarbeit oder als Kopie/Farbdruck vervielfältigt werden. In einem Gottesdienst für den Frieden oder bei einem Gemeindefest könnten auch die Besucher*innen eigene Buttons mit Denkanstößen beschriften. Der Reiz liegt darin, verschiedene Denkanstöße zum Friedenstiften auf der gleichen Layoutvorlage herzustellen und sich damit zu zeigen.
Wer viele gleiche Buttons in großer Stückzahl online bestellen will, ist auf ein Grafikprogramm angewiesen.
[1] Die Übung findet sich in Abwandlung auch in: „Zusammen – Halt!“, 2020, ptz Stuttgart, digitaler Übungsteil, „Gemeinsam unterwegs“, S. 143.
Mit ❤ gemacht von der anKnüpfen-Redaktion
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